Petra Bosshard-Zwerenz - Licht- und Schattenwelt, Foto 2018-05

 

Die Ebene des Selbst ist erlebbare innere Weite und gleichförmige Verbundenheit. Jeder Mensch ist Selbst, als solcher mit dem Leben selbst in Liebe und Macht verbunden und in jedem Augenblick erhaben.

 

Wer gerade ganz für sich durch seine geräumige Villa geht, kann im Seelischen dennoch beengt sein. Alle drei Ebenen des Daseins durchdringen sich, die Welt der Seele liegt wie zwischen dem Physischen und der Weite des Selbst.

 

Wir sind in zwei Welten zugleich inkarniert, haben uns eingelassen ins Physische und ins Seelische, haben zwei Körper, sind hier und jetzt Körperwesen, Seelengeist und Selbst. Irdische Hecken und Mauern hindern die Seelen nicht daran, sich zu berühren und auf sich einzuwirken. Der Eintritt in die Neue Zeit ist das wache Erleben des seelischen Geschehens und das gleichzeitige Bewahren der physischen Errungenschaften.

 

In der Alten Zeit vergingen kaum drei Generationen, in denen nicht ein physischer Eindringling in das eigene Haus trat, an einem selbst und an den Nächsten zerrte und verletzte. Heute erleben die meisten Menschen der westlichen Welt ein Leben lang kaum eine körperliche Begegnung mit einem physischen Feind, haben genügend zu essen und ein Zuhause, in dem sie für sich sein können.

 

Die seelische Welt ist ebenso real und wirklich wie die physische Welt. ‹Wirklich›, weil die seelischen Begegnungen ebenso Wirkung haben wie die physischen. Beide Sphären durchdringen sich. Die seelische Welt ist hier und jetzt an dem Ort, an dem du gerade sitzt oder stehst. Das, was ich hier sage, möchten viele nicht hören, möchten es nicht als ‹wahr› nehmen, obgleich es für viele Menschen heute wahrnehmbar ist. Im Seelischen geschieht für die fünf ersten Sinne ungesehen das, was in der Alten Zeit im Physischen gang und gäbe war: Eingriffe und Übergriffe, Berührung und Unterstützung, Halten und Tragen, Stoßen und Zerren, Zuwendung und Abwendung, Gefangennahme und Freiheit.

 

Denken ist innere Kommunikation. Was wir laut denken, hören die Seelengeister in der Nähe. Der Partner hört, was du denkst, spürt dein Gefühl, deine Stimmung, nimmt deine Absichten wahr und weiß als Seele, was du tust, in jedem Augenblick. Die Seelen gehen Wege der Entwicklung gemeinsam und die Wertung der Seele ist oft eine andere als die weltliche Sicht auf so manches Geschehen.

 

Die seelische Welt ist ebenso räumlich wie die physische. Wenn jemand «nicht ganz da ist», nicht präsent, wenn er beim Frühstück schlecht ansprechbar ist, weil er «irgendwo herumschwirrt», dann hat sich der Seelengeist räumlich vom physischen Körper entfernt. Es geschieht nicht nur jede Nacht, sondern ist in jedem Augenblick des lichten Tages möglich. Wer im Café sitzt und den Blick eines Gastes hinter sich im Nacken spürt, den berührt in diesem Augenblick ein fremder Seelengeist. ‹Betrachten› ist dem ‹Trachten› nach Berührung sehr nahe. Der Mensch ist innerlich ebenso mächtig und wehrhaft, die innere Welt ist ebenso belebt. Andere Seelen kommen zur Hilfe, der eigene Geist weiß sich zu behaupten. All dieses geschieht rasch und für die ersten Sinne kaum begreiflich.

 

Ein Leben in Freiheit, Selbstbestimmung und Erfüllung ist nur in einer geklärten äußeren und inneren Welt möglich. Wir sind als Seelen weithin verbunden. Jede Seele kann sich von physischen Wänden und räumlichen Distanzen ungehindert bewegen. Wir haben nicht nur ein äußeres Zuhause sondern auch ein inneres. Beide liegen in einer Welt voller anderer Wesen. Der Einstieg in die Neue Zeit ist ein kollektives Klären der Fragen: Was geschieht in der inneren Welt? Was tun wir im Seelischen? Was tun wir uns Tag für Tag in der inneren Welt an?

 

Im Physischen ist es offenkundig, dass Treten, Greifen, Ziehen, Zerren, Schlagen und Einsperren in das Leben des anderen einwirkt. In einer Welt voller physischer Übergriffe und körperlicher Wunden ist der Raum für die Pflege der seelischen Narben eingeschränkt. Im Spüren ist es möglich, wach zu erleben, was im Seelischen geschieht, wenn sich jemand willentlich in das Leben eines Nächsten einmischt, etwas gegen ihn hat, ihm etwas entgegenhält, ihn beschimpft, ihm immer wieder sagt, was gut und schlecht für ihn ist, ihn mit Regeln überhäuft, ihn kontrolliert, ihm als Konsequenz Zuwendung entzieht, Wertschätzung in Geringschätzung ändert, ihn vor anderen bloßstellt, seine Worte verdreht, lügt, täuscht, rechthaberisch ist, immer wieder die Aufmerksamkeit auf sich zieht, seinen eigenen Fluss unterbricht, sein Wirken einzudämmen versucht, in sein oder ihr Feld eindringt, alles ohne dass sich die Körper berühren.

 

Im Physischen ist es offenkundig, dass das eigene Tun und Sein beschwert ist, wenn ein anderer wie eine Klette die ganze Zeit neben einem geht, steht, sitzt. Der Seelengeist ist frei in seiner Bewegung im Raum. Was geschieht im Seelischen, wenn ein Mitmensch sein Leben nicht in die eigenen Hände nimmt, wenn er stets wartet, bis du etwas sagst, nur du Vorschläge machst und er sich an dein Tun und Wirken klammert?

 

Seelisches Einwirken ist mehr als nur Denken, mehr als nur ein Strom von elektromagnetischen Impulsen durch das eigene Gehirn. Der Fluss es eigenen, selbstbestimmten Wirkens ist wahr und wirklich unterbrochen, wenn sich dir jemand seelisch in den Weg stellt. Wenn jemand in das eigene Feld eintritt, ist dieses ein tiefes Geschehen. Viele Seelen unterstützen und begleiten sich. Wenn sich Seelen berühren, kann dieses lösend und heilend sein, im tiefen Halt und Austausch für beide. Anderes Einwirken kann die Seele und den Körper schwächen und verletzen.

 

Willentliches Einwirken ist mehr als ein Denken, denn es ist spürbar. Es ist möglich, den eigenen Willen auf einen Mitmenschen zu richten. Ein wacher Mensch nimmt dieses wahr. Der Wille des Menschen ist unter anderem das Agieren des Seelengeistes.

 

Im Seelischen ist es möglich, sich klein zu machen, sich auf den Raum seines physischen Körpers zu begrenzen oder sich weit mit den Nächsten zu verbinden. All dieses sind wahre Berührungen, hat Wirkungen auf das eigene Leben und das Leben der Mitbewohner dieses wunderschönen Planeten.

 

In der Alten Zeit haben wir unser Bewusstsein weitgehend auf die physische Welt konzentriert und das äußere Leben im Sinne des ungehinderten Bewegens und Wohlstandes errichtet. Die Neue Zeit ist ein Ausweiten des Bewusstseins auf beide Welten zugleich, das Bewahren des geschützten physischen Raumes und Erkennen, Klären und Errichten der eigenen und kollektiven inneren Welt. Die Kunst der Neuen Zeit ist, Himmel und Erde in sich selbst zu verbinden, die physische Welt im seelischen Erforschen nicht zu verlassen, nicht zu vernachlässigen und zugleich die eigene seelische Welt zu errichten. Wenn es uns gelingt, werden wir individuell und kollektiv in einem Maße erblühen, das heute noch kaum vorstellbar ist. :-)

Übungen

  • Untersuche die folgenden Geschehnisse im vollständigen Erleben, im bewussten Denken, Fühlen, Spüren und Körperempfinden:
    «Der Druck, der auf mir lastet, ist groß.» Wer oder was macht diesen Druck?
    «Ich quäle mich durch den Tag.» Wer oder was quält dich?
    «Ich funktioniere wie ein Roboter.» Wer oder was gängelt dich, hindert dich daran, frei aus innerer Bewegung heraus zu leben?
    «Ich muss Geld verdienen.» Was würde geschehen, wenn du kein Geld hättest?
    «Ich brauche deine Nähe, Zärtlichkeit, regelmäßige Berührung mit dir.» Was gibst du deinem Nächsten, deiner Nächsten als Ausgleich dafür? Achtest du ihre seelischen Grenzen?
    «Ich trage eine große Verantwortung.» Auf welche Weise wirkst du seelisch auf deine Mitmenschen ein?
  • Werde dir bewusst, mit welchen Menschen du im seelischen Kontakt stehst und wie hilfreich und nährend diese Kontakte sind.
  • Erstelle eine Liste mit Vereinbarungen, die du mit anderen Menschen und Seelengeistern getroffen hast. Welche Vereinbarungen sind  erfüllt?
  • Übung zum Erinnern

Fragen

  • Was verletzt die Seele? Was genau ist eine Verletzung der Seele?
  • Kann ich meine Seele verkaufen? Für Geld, für Sicherheit?    
  • Wie kann ich meinen seelischen Raum vor fremdem Einwirken schützen?